Rückflug - und dann? // return flight - then what?

Hallo Katja, 
anbei erhältst Du Dein Rückflugticket. 
Hab weiterhin eine tolle Zeit in Georgien!

Es steht jetzt also. Ich komme am 11. August wieder zurück nach Deutschland.

Und dann? 

Als ich mich für das Jahr in Georgien entschieden habe, wusste ich, dass ich mich spätestens nach der Hälfte mal mit der Frage beschäftigen muss, was danach passiert. 
Jetzt bin ich schon sieben Monate hier, fünf bleiben mir noch. Und bisher kann ich sagen: Ich habe keine Ahnung, wo ich heute in einem Jahr stehen werde. Und es ist in Ordnung so. Ich habe hier gemerkt, dass man manchmal planen kann wie verrückt und im Endeffekt kommt es doch anders. Ich habe momentan in meinem Leben so viele Variablen, die ich bei der Planung meiner Zukunft berücksichtigen müsste, so einen "Krautsalat im Kopf", wie meine liebe Freundin Leonie so schön gesagt hat, dass ich keine optimale Lösung finden kann, sich gerade kein genaues Bild meines Lebens in ein paar Monaten skizzieren lässt. 


Dear Katja, 

Enclosed you'll find your return ticket.
Keep on having a great time in Georgia! 

It's definite. I'll fly back to Germany on the 11th of August. 

Then what? 

When I've decided to go to Georgia I already knew that I'll would have to deal with one question halfway through my duties: What happens when I'm back in Germany?
I've already been here for seven months which means I have five months left of my position at the NGO. And at this moment I can say that I have no idea what I'll be doing in a year from now, and that's okay. I've noticed that you can sometimes plan stuff with the utmost care and still, most of the time things don't turn out the way you expect. Currently there are so many things I have to consider regarding my future that I've got  "coleslaw in my head" and there's no ideal scenario. I cannot outline a picture of how my life will look in a few months but none the less I'm sure it will be an exciting experience.

Dass all die Möglichkeiten, die wir in der heutigen Gesellschaft haben, auch Unsicherheiten mit sich bringen, ist bekannt. Meistens angefangen mit der Wahl des Studiums. Die Hochschulen in Deutschland bieten über 18.000 Studiengänge an. Da fällt die Wahl doch leicht. Besonders, wenn man die Schule nach dem G8 Modell schon mit 17 abschließen kann. 
Mein Studium habe ich zwar abgeschlossen, das heißt jedoch nicht, dass studieren für mich nicht mehr in Frage kommt. Denn auch wenn ich mit meiner Wahl zufrieden bin, würde ich gerne ein Zweitstudium machen. Das ist leider weniger leicht, nur 3% der Plätze gehen an Zweitstudenten. Erstes Auswahlkriterium ist die Note des Erststudiums, zweites Kriterium der Grad der Bedeutung der Gründe für ein Zweitstudium. Ich will mich weiterbilden? Mein Wissen vertiefen und mich mit neuen Bereichen beschäftigen? Dadurch meine beruflichen Möglichkeiten erweitern? - Reicht leider meistens nicht als Grund. 


It's not a secret that all the possibilities we have in today's society cause insecurities. Mostly starting with the daunting choices of multiple university courses. Universities in Germany offer more than 18.000 courses for students. Well, that's an easy choice then, especially when you're graduating from high school at the young age of 17, because the government thought it might be a great idea to shorten the time at school. 
I have already finished university with my degree in educational science. But this doesn't mean that I don't want to continue studying. Even though I am still happy with the choice of my course, I'd like to do a second degree. Unfortunately this is not necessarily an easy one. Only 3% of all college places are for people, who have already finished a university course. The first selection criterion is the grade of the first degree; the second criterion is about the degree of importance of the reasons for the second degree. Do I want to upgrade my education? Do I want to deepen my knowledge and deal with new fields? Do I want to improve my work-related possibilities? - Most of the time not enough as a reason. 

Ich bin dennoch optimistisch. Denn ich werde mit Sicherheit in einen Studiengang kommen, der mich interessiert. Der mich weiter bringt. Aber auch dazu verpflichtet, die nächsten drei Jahre größtenteils an einem Ort zu verbringen. Mich dazu verpflichtet, mir einen Job zu suchen, der mir das Studium und meine Wohnung finanzieren kann. Und diese Gedanken machen mich dann nervös. Der Gedanke an einen Alltag, an ein Land, einen Ort oder Job gebunden zu sein. Manchmal habe ich das Gefühl, schon der Gedanke daran lässt mich verzweifeln und ich fange an, mich dem Ganzen zu verweigern. Wer braucht schon ein Studium, Arbeit oder einen festen Wohnort?
Klingt nach einer ziemlich dummen Frage. Natürlich brauchen wir diese Sachen. Der Mensch braucht Sicherheit und unsere Gesellschaft ist (größtenteils) vorausschauend aufgebaut. Je später ich anfange zu arbeiten, desto weniger Geld kommt in meine Rentenkasse. Außerdem braucht man ja erstmal einen Job, um dann Heirat und Familie vernünftig planen zu können. Und jünger werde ich ja auch nicht. 
Damit die Gesellschaft funktioniert, braucht sie eine Struktur. Eine Struktur, an die sich, als wäre es Zwang, alle irgendwie halten. Der rote Faden, nach dem das Leben aufgebaut wird. 

I'm still optimistic because I'm pretty sure that I'll be able to study a course at a university which I'm interested in, which gets me somewhere but also obligates me to spend the next three years mostly in the same place, to find a job which can finance my studies and a place to live. This thought really makes me nervous. The thought of being bound to a country, a place or a job. Sometimes I get the feeling that even thinking about it makes me go crazy and I start to refuse to accept it. Who needs University, work or a place to live? Sounds like a stupid question. Of course we kind of need those things. Humans need security and our society's structure is oriented towards the future. The later I'll start working the less money I'll be able to pay into a pension’s office. Also, you first need to get a job before reasonably thinking about marriage or children if security is your main concern. And I'm not getting any younger. Society needs a structure to work, a structure people somehow stick to as if it was a necessity. It is the common theme people need to plan and structure their lives too.


Eieruhr, Rentenkasse, Versicherung, Bausparvertrag. Alles Stichworte, die jeder, der in den Zwanzigern ist, mit Sicherheit schon gehört hat. Auch ich natürlich. Und natürlich kann ich nicht ganz selbstbewusst sagen, dass mich das in keinster Weise beschäftigen würde. Doch was ist, wenn man sich dem roten Faden entzieht? Was ist, wenn ich keine Kinder möchte? Was ist, wenn ich gar nicht vor habe, Rente in Deutschland zu beziehen? Was ist, wenn ich weder Auto noch Haus haben möchte? Klar, um die Versicherung kommt man wahrscheinlich nicht drumrum. Und vielleicht auch um die anderen Sachen nicht. Aber ein Querdenken schadet nicht, denn es zeigt auf, was es für Alternativen gibt, was für Möglichkeiten wir haben. 
Seit mehreren Jahren sind es zwei gedankliche Konstrukte, die meine Entscheidungen beeinflussen. Das eine ist das rund um den roten Faden der Gesellschaft. Das zweite zeigt sich durch meine Nervosität, wenn ich an eben diesen denke. An den Alltag in Deutschland denke. Daran, anzufangen zu arbeiten und in diese gesellschaftliche Spirale zu fallen, in dem Jahr für Jahr umgeht und ich mich mit einer Wohnung, einem Ort und 20 Urlaubstagen zufrieden geben muss. Daran, Montage zu hassen und die Tage bis zum Wochenende zählen. Natürlich kommt es hier auf die Arbeit an und ich bin mir sicher, dass es Jobs gibt, die mir wirklich Spaß machen und in denen ich das Gefühl habe, was erreichen zu können. Aber dann kommt mir wieder ein Gedanke: 

Noch nicht jetzt. 


Family formation, pension’s office, insurances, mortgages: These are all keywords everyone who is in their twenties have already heard about on a regular basis, just as I have. And of course I can't claim confidently that those things haven't been on my mind. But what if we ignore the common theme? What if I don't want to have children? What if I'm not planning to receive a pension in Germany? What if I neither want to have a big house nor a nice car? Of course you still need insurances. And maybe some of the other things as well. But it can't hurt to do some lateral thinking. It might show us which alternatives and how many possibilities we actually have. 
For some years now there have been two ways of thinking that influence my decisions. The first one is the common-theme-thinking and the other one appears when I'm thinking about the first one. As I said I'm getting nervous when I'm thinking about everyday life in Germany,  thinking about starting to work and spiralling into mundane ways. Thinking about the years passing by and me being fine with a place to live and 20 holidays a year. Thinking about hating Mondays and counting the days till Friday. I mean of course it depends on the job you have and I'm sure that there are jobs which I'd really like and which could make me feel like I could actually achieve something...But then, there's always one thought on my mind: 

Not now. Not yet. 


Im Gegensatz zu vor dem Jahr merke ich, dass einiges für mich an Bedeutung verliert. Weder eine große, schöne Wohnung reizt mich gerade, noch ein Auto oder was anderes, was viel Geld kostet. Denn all das kostet nicht nur, sondern bindet mich auch, schränkt mich ein. Wenn ich arbeite, möchte ich von dem Geld etwas machen, das mich wirklich glücklich macht. Ich möchte reisen und die Welt sehen, rastlos sein. Das Leben genießen, ohne an meine Eieruhr oder Rente denken zu müssen. Eben kein Leben führen, in dem ich nur für die Zukunft arbeite und das eigentliche Leben, das Hier und Jetzt verpasse. Klingt jetzt alles ziemlich hippiemäßig und vielleicht auch unvernünftig. Aber dafür sind die 20er doch da oder nicht? Und sollten wir aus den Möglichkeiten, die wir haben, nicht das Beste rausholen? 


Compared to the year before Georgia had begun, I recognized that there were several things that had become less important. Neither a big, beautiful apartment really tempted me, nor a good car or anything else that is quite expensive. These things are not only expensive but binding. They box me in. I want to do something with the money I earn, something that makes me happy. I want to be restless, discover new countries and cultures. Enjoying life without thinking about my uterus or pension. Not living a life in which I'm only working for the future while I miss the here and now, the actual life. I know this sounds quite hippie-like and maybe unreasonable, but I guess that this is what the 20's are for, aren't they? And shouldn't we try to make the best out of all the possibilities we have?

Wenn sich währenddessen etwas ergibt, denn, eigentlich kommt es ja immer anders als man denkt, will ich offen sein. Schon der bisherige Aufenthalt in Georgien hat meine Sicht auf viele Dinge verändert und auch die Wünsche für meine Zukunft. Ich möchte später immer noch etwas machen, in dem ich einen Sinn sehe und daran arbeiten, meinen Teil zu einer gerechteren Gesellschaft beizutragen. Meine bisherige Zeit hier hat das noch verstärkt. Ich habe aber auch genauere Vorstellungen von dem bekommen, was ich gerne machen möchte. Dennoch möchte ich für alles offen sein, das kommt. Schon kleine Erlebnisse können einen großen Einfluss haben. Meistens passiert das, wenn wir nur aus unserer Komfortzone herauskommen. Etwas Neues entdecken, uns darauf einlassen und lernen, den Moment zu genießen. Auch wenn die Freiheiten und Möglichkeiten in unserer Gesellschaft Unsicherheiten bergen - sie bergen eben auch jede Menge Freiheit und Möglichkeiten, sich selbst herauszufordern, besser kennen zu lernen und wirklich glücklich zu sein.

And if there will be something coming around in the meantime - for things never turn out as you expect - then I want to be open-minded. Already being in Georgia for seven months has changed my point of view regarding many things and the plans for my future. I still want to do something in which I can see actual sense and I want to work on making this world a bit fairer. My stay here has even increased this wish. And it showed me possibilities to realise it. But I still want to be open-minded for everything that comes. Even little things can have a huge impact. Mostly it happens when we're getting out of our comfort zone. When we're discovering something new, getting ourselves into something, learning to enjoy the moment. Yes, many liberties and possibilities can contain insecurities. But likewise they contain many liberties and possibilities - to challenge yourself, getting to know yourself better and working towards being happy.


Katja 





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